Kapitel 1
Ich dachte, es reicht, intelligent zu sein, dass es reicht, viel zu lesen, viel zu wissen, sich ein Fundament zu erarbeiten und dann auch klug reden zu können, dass es einen Sinn hat, wenn man intelligent ausdrücken kann, wenn man genug Literarisches, Philosophisches und Wissenschaftliches im Kopf hat, das Wissen vernetzen kann und dann darüber redet – und auch darf, natürlich. Ich dachte, es reicht, wenn man das Gute meint, die richtigen Ziele hat, die eine gute ethische Grundeinstellung hat, dass man sich auch äußern darf in diesen Kreisen.
Ja, darf man, man wird halt belächelt oder ignoriert, wenn man aufs gesehen werden besteht auch ausgeschlossen. Man wird akzeptiert als ein kluger, ungebildeter Mensch, der die Codes nicht kennt. Um wirklich dazuzugehören, um wirklich mitreden zu dürfen, um wirklich etwas verändern zu dürfen, um deren Meinung auch mal verändern zu dürfen, muss fehlt irgendwas.
Nein, man tritt ein, und die erwarten, dass man ihnen zuhört. - ununterbrochen. Nichts sagen, weil man klug ist bekommt man gerade so die Gnade des Zuhörens. Man soll seine eigene Meinung anpassen, verändern lassen.
Man geht in einen Subreddit der Anarchisten und möchte über ein soziales Thema diskutieren und bekommt gesagt, man soll erst einmal etwas über Anarchismus lernen. Deshalb bin ich nicht hier. Ich bin nicht hier, um Anarchist zu werden. Ich bin hier, um eure anarchistische, hochgebildete Perspektive auf dieses Problem zu bekommen.
Sie haben eine Weile herumprobiert mich zum Theorielernen zu verdonnern, was man ihnen hoch anrechnen muss, denn in den meisten Subreddits wird nicht diskutiert mit mir, sondern ich werde gleich blockiert. Da bekam ich ein paar Antworten, und ich habe ein paar Gegenantworten geliefert, die ihnen wohl nicht gefielen, weil ich mit ihnen nicht darüber diskutieren wollte, was Anarchismus eigentlich ist und der Beitrag wurde gelöscht.
[Anmerkung: Das war ein Exkurs zu aktuellen Ereignissen – jetzt zurück zum eigentlichen Text.]
Wenn du klug, aber nicht in deren Hinsicht gebildet bist – und ich habe immer noch keine Ahnung, was in deren Hinsicht gebildet ist, ehrlich gesagt, ich weiß es nicht – darf ich bestimmte Worte nicht verwenden? Darf ich „als" und „wie" nicht verwechseln? Darf ich „einzigste" und „anderster" nicht sagen? Ja, das lernen manche Menschen, strengen sich an, um sich das abzugewöhnen. Nee, ich schon lange nicht mehr. Ist halt meine Sprache, ne? Ich sag auch „ne". Ich sag auch „fick dich", wenn ich "fick dich" meine und "Arschloch", wenn ich "Arschloch" meine, ist eher selten der Fall, weil die wenigsten den Aufwand einer ehrlichen Beleidigung wert sind.
Ist es das? Soll man sich das nur abgewöhnen – so ein paar Sprachgewohnheiten? Ist es das? Muss man irgendwas gelesen haben? Ich wüsste langsam nicht mehr, was. Ich wüsste langsam nicht mehr, was ich gelesen haben sollte. Theorien darüber, was Anarchismus ist? Theorien darüber, was Linkssein ist? Sicher nicht. Da kriegt ihr mich nicht dazu. Ich will keine Theorie dazu, was irgendeine Theorie ist. Sockenfabrikanten, die Socken machen für Sockenfabrikanten, interessieren mich nicht.
Ich wäre gerne sprachgewaltig wie Hermann Hesse, würde Sätze bauen wie Architekturen, würde Sätze erbauen, in denen man wohnen und sie jeden Tag bewundern möchte.
Ich würde gerne schreiben wie Thomas Mann, majestätisch, ironisch gesichert und verschachtelt, ein Orchester aus Stil und Geist.
Ich würde gerne schreiben wie Heinrich Mann, in einem bissigen, abgeklärten Deutsch und zwischendurch doch poetisch und wunderschön, um dann den Satz zerschellen zu lassen, an einer Mauer, wie eine Brandung an einer Steilküste.
Ich würde gerne schreiben können wie Günther Grass, ein raues, doppelbödiges Sprachgeflecht, voll von Bildüberraschungen und Klangexperimenten.
Ich würde gerne schreiben können wie Heinrich Böll, glasklar und still wie Wasser, lakonisch, oft unterkühlt, mit Schmerz und Anstand, ohne Pathos.
Ich würde gerne schreiben können wie Bertolt Brecht, ein entlarvendes, kantiges Deutsch, Gebrauchssprache mit Haltung, rhythmisiert und messerscharf, nie harmlos.
Ich würde gerne schreiben können wie Walter Moers, verspielt, überbordend, ein Karneval der Worterfindungen. Er biegt die Sprache wie ein Comiczeichner seinen Figurenkörper.
Ich würde gerne schreiben können wie Michael Ende, poetisch, aber nicht verkitscht, ein ruhiges, märchenhaftes Erzählen, das zwischen Ernst und Magie hin und her gleitet.
Und doch würde ich am Ende gerne schreiben wie Franz Kafka, glasklar, logisch und beunruhigend, beängstigend, verstörend.
Denn dann würde ich euch zeigen können, wie groß meine Angst ist, ein Prolet zu sein, nicht mit euch mithalten zu können, eure Codes nicht zu kennen und deshalb nie eure Macht zu brechen.
Ich würde gegen euch anschreiben und ihr würdet erzittern vor meinem Deutsch. Leider kann ich nicht so schreiben.
So werde ich gegen euch mit meinen Worten anschreiben, jeden Tag, jede Zeile von mir gegen eure Glaspaläste gerichtet. Vielleicht schreiben und sprechen noch Millionen mehr, in tausenden Sprachen, Akzenten und Dialekten gegen euch an. Und vielleicht schaffen wir es so die Welt vor eurem Herrschaftsanspruch zu retten
Kapitel 2
Ich schreibe euch ab, hoffentlich tun es Millionen andere auch.
„Ihr tut als wärt ihr NPCs, ihr seid an das Gehabe eurer eigenen Klasse so sehr angepasst, dass ihr vergesst, dass ihr und jeder von uns nur ein Mensch ist. Ihr vergesst dass sowas wie ‚Geburtsrecht' eine gefährliche Illusion ist, die zu schrecklichem geführt hat und gerade dabei ist wieder dazu zu führen. Wir spawnen zufällig irgendwo und in irgendeiner Familie. Die Geburt gibt einem Menschenrechte, ab der Sekunde des Hierseins auf der Welt, Rechte aus dem Rechtsstaat. Alles darüber hinaus sollte ein Mensch sich selbst erarbeiten müssen, wenn die Welt gerecht wäre. Eure Geburt allein macht euch weder besser noch klüger, doch handelt ihr meist so. Millionen Menschen zerschellen an euren Glaswänden. Ich hoffe dennoch, dass Millionen Stimmen weiter gegen euch anschreiben und reden, ob sie nun klug, schön oder gebrochen reden. Ich hoffe, diese Millionen Stimmen werden euch aufhalten, bevor ihr erneut aus Gier und um eure (Markt-)Macht zu erhalten, die Welt ins Unglück stürzt.
Ihr schließt aus, weil ihr denkt, ihr handelt richtig. Weil ihr denkt, euer Code sei der einzig gültige für Intelligenz. Ihr glaubt, jemand müsse die richtigen Theorien gelesen haben, um das Recht zu haben, mitzureden in euren Kreisen. Weil ihr meint, es sei großzügig, jemandem zu erlauben, euch auch nur zuzuhören – und viel zu viel verlangt, wenn sich jemand erlaubt, zu sprechen statt nur zu lauschen.
Ihr sagt wollt Diskurs, aber ihr duldet keine Abweichung. Ihr wollt angeblich Vielfalt – solange sie sich stilistisch angleicht. Ihr behauptet, für Offenheit zu stehen, aber jeder, der anders spricht, wird bei euch erst mal auf Fehler geprüft. Ihr lest nicht, was gesagt wird, sondern ob es richtig gesagt wird. Ihr hört zunächst rein, ob es auch euer Ton ist. Wenn nicht, schaltet ihr ab, ihr denkt ihr wollt nur dass sich jeder klug äußert, dabei fordert ihr sich eurer Dressur anzupassen.
Eure Vorstellung von Intelligenz ist selbst bestätigend. Sie zitiert sich selbst, sie kreist um sich selbst, sie erzeugt Theorien für sich selbst. Und wer da nicht mitdreht, soll gefälligst still sein. Ihr merkt nicht mal, dass ihr Sprache nicht mehr als Handwerkszeug verwendet, sondern als Eintrittskarte. Ihr behandelt Worte wie Besitz. Ihr glaubt, ihr könnt entscheiden, wann ein Satz als klug gilt. Und ihr vergesst, dass eure Art Klugheit eine Erfindung ist. Ihr habt sie euch angeeignet – durch Habitus, durch Ausbildung, durch Ausschluss und durch die wirklich klugen Worte von den Geistesgrößen der Welt. Hätte Heinrich Mann euch zugestanden seine Worte zu verwenden? Berthold Brecht? Heinrich Böll? Franz Kafka? Hermann Hesse?
Ich schreibe anders. Nicht weil ich es nicht besser könnte – sondern weil ich nicht will, dass meine Sätze euch gefallen. Ich schreibe gegen euch. Gegen eure Codes, gegen eure Selbstbestätigungskreise, gegen die Art, wie ihr Menschen taxiert, sobald sie das erste Wort sagen. Ich schreibe nicht, um mitspielen zu dürfen. Ich schreibe, weil das Spiel längst entschieden ist, und weil es Zeit wird, das Spielfeld zu zerlegen.
Ich schreibe euch nicht an. Ich schreibe euch ab.
Sehr viel mehr politisches gibt es in meinem Subreddit: https://www.reddit.com/r/AmIYourMemory/
Und hoffentlich auch un-redditmäßige echte Diskussionen.
Vielleicht habt ihr es verpasst, während ihr zu beschäftigt wart, ist da draußen die Welt ein Stück weiter untergegangen.
Unsere Regierung ist geplatzt – nicht mit einem Knall, sondern mit einem Achselzucken. Die FDP war zu feige, zu arrogant, zu kleinkariert, um Haltung zu zeigen. Und was bleibt? Neuwahlen. Mit 20 Prozent für eine Partei, die gesichert rechtsextrem ist. Vom rechten Verfassungsschutz bestätigt – und trotzdem von Bürgern gewählt, die behaupten, sie seien keine Nazis. Ich habe das letzte halbe Jahr gekämpft. Nicht auf der großen Bühne. Nicht mit Cam, Licht und OBS.
Sondern da, wo es richtig wehtut: Im Kommentarbereich. Im Dreck. Im Alltag. Ich hab lernen müssen mit Beleidigungen klar zu kommen. Ja, ich! Aber der Kampf gegen das was am Horizont droht ist wichtiger, als mein zerknüllter Selbstwert. Auf Facebook. Auf Threads.
Auf dieser Kack-Welt, wo Leute mit Einleitungen wie:
"Ich bin ja kein Nazi, aber..." den größten Nazi-Müll von sich geben.
Wo Leute BRÜLLEN, dass sie heutzutage nichts mehr sagen dürfen, vor und danach Reden die man sich vor 20 Jahren höchstens am NPD Stammtisch getraut hat.
Süßer, Süße... ich durfte es mir auf sexpositiven Seiten im Stream oft genug anhören, dass man selbst für die harmlosesten Sachen beleidigt wird und dann gesagt bekommt, man soll sich nicht so anstellen.
Süßer, Süße... ihr dürft alles sagen, ihr müsst halt mit Widerstand rechnen. Zum Beispiel von mir!
- Reddit? Da wird man nicht beleidigt. Da wird man einfach ignoriert.
- TikTok? Komischer weise recht ruhig.
- Instagram? Sind fast nur Leute die ich real kenne und eh in meiner Bubble sind.
- YouTube Shorts? Einmal Kritik, aber beim ersten wirklich politischen Video hatte mich auch der Algo aufgehört auszuspielen.
Aber keine Angriffe, höchstens Wiederhall der eigenen Bubble.
Nur Facebook. Nur Threads. Da traf ich auf sie, das wurde meine Arena in meinem kleinen, verzweifelten Beitrag diese Demokratie zu retten.
Was für ein Begriff ist genehm, Herr*Frau Nazi? Da hab ich gestritten. Mit AfD-Wählern. Immer und immer wieder dieselbe Debatte:
Darf man euch Nazis nennen?
Oder ist das zu gemein für zarte Faschistenseelen?
Ich wohne in Bayern. Ich weiß, was „rechts" bedeutet.
Die CSU ist konservativ, autoritär, kacke – aber sie ist demokratisch.
Die AfD ist das nicht.
Sie ist gesichert rechtsextrem.
Das sagt sogar der fucking rechte Verfassungsschutz.
Und wenn die das sagen, dann ist die Schwelle längst überschritten.
Und trotzdem: Ihr wählt sie. Ihr teilt ihre Parolen. Ihr tragt ihre Hass-Sprache in eure Wohnzimmer, in eure Schulen, in eure Profile.
Und wenn ich das sage, dann sagt ihr:
„Aber ich bin doch kein Nazi!"
„Ich bin nur besorgt!"
„Ich darf ja nichts mehr sagen!"
Doch, Putzi.
Du darfst sagen, was du willst und ich darf dich beim Namen nennen. Ich bin hier, um mit euch zu reden. Ich bin hier, um euch zu benennen. Ich bin hier, weil ich nicht mehr schweigen darf. Ich bin hier, weil ich mich nicht mehr verstecken darf. Weil ich einfach weiß, dass jetzt jede Stimme, die für Menschenrechte spricht, die für reflektiertes Denken spricht, die für radikale Ehrlichkeit zu sich selbst und gegen Doppelmoral spricht, wichtig ist. Denn keiner von uns weiß – und ihr wisst es auch nicht – wie viele von diesen Stimmen, die jetzt sprechen, noch da sein werden in fünf oder zehn Jahren. Wie viele von uns körperlich überleben werden. Wie viele Texte die nächste Generation von solchen Stimmen noch sehen wird.
Könnt ihr das garantieren?
Wisst ihr, ob Putin irgendwann angreift?
Ob die AfD irgendwann regiert?
Ob sie an der Grenze schießen lassen?
Wisst ihr das?
Ihr wisst es nicht. Deshalb ist jede Stimme jetzt wichtig. Auch gebrochene Stimmen. Auch schlechte Grammatik. Auch zittrige Posts, schiefe Reels, wackelige TikToks. Sprechen ist Pflicht. Denn vielleicht bleiben nur fünf übrig.
Vielleicht keine, wenn sie gründlich sind, aber jede Stimme mehr erhöht die Wahrscheinlichkeit, das welche durchkommen. Deswegen ist dies ein Aufruf zu sprechen, real und online!
Was ihr wollt ist Assimilation in euer Weltbild! Wisst ihr, was „assimiliert werden" im biologischen Sinn heißt?
Ich esse gerade ein Brot. Mein Körper wird es gleich assimilieren. Er wird es zersetzen, aufspalten, umbauen, es nutzbar machen für sich selbst – und alles, was übrig bleibt, kommt raus. Als Müll. Als Abfall. Das ist Assimilation. Nicht: „Du darfst mitmachen." Nicht: „Wir nehmen dich, wie du bist."
Sondern:
„Wir nehmen dich, damit du wie wir wirst und den Rest scheißen wir aus."
Das ist der Deal, den ihr anbietet.
An Schwarze.
An Queers.
An Menschen mit Behinderung.
An alle, die nicht ins Raster passen.
Und ihr merkt nicht mal, wie ekelhaft das ist. Ihr haltet euch für tolerant – aber was ihr wollt, ist Verwertung. Und dann redet ihr von Integration. Als wäre das besser. Als wäre das der sanfte Bruder von Assimilation. Aber was meint ihr denn damit? Was meint ihr, wenn ihr sagt: „Jemand muss sich integrieren"?
Ihr meint:
„Sprich unsere Sprache."
„Sei nicht auffällig."
„Sei dankbar."
„Mach keinen Ärger."
„Sei wie wir – aber ohne uns daran zu erinnern, dass du es nicht bist."
Und ja – es ist gut, wenn man die Sprache spricht, wenn man sich verständigen kann, wenn man sich einbringen will. Klar ist das gut.
Aber ich komme aus dem Rhein-Main-Gebiet. Ich kenne verdammt viele Leute, die verdammt gut Deutsch sprechen. Fließend. Akzentfrei. Mit Uniabschluss. Mit Ausbildung. Handwerksmeister. Pflegekräfte. Mit Steuerbescheid. Und trotzdem reicht das nicht. Sie haben die falsche Hautfarbe. Sie tragen das falsche Tuch um den Kopf. Sie beten zum falschen Gott.
Oder sie erinnern euch einfach nur daran, dass ihr nicht allein seid in diesem Land. Und dann ist die Sprache plötzlich nicht mehr das Problem.
Dann ist die Existenz das Problem.
Was falsch ist mit unserer Gesellschaft? Dass Leute wie ich – und viele andere, mit vielen anderen ... nennt es Problemen, wenn ihr wollt – Dass Menschen mit einer anderen Hautfarbe, mit einer anderen Sexualität, mit einer anderen Geschlechtsidentität, mit einer Krankheit, mit einem Stigma – wissen, was von ihnen erwartet wird:
Sie sollen nicht auffallen.
Sie sollen leise sein.
Lieb sein.
Dankbar sein.
Brav sein.
Sie sollen nicht stören.
Nicht sichtbar werden.
Nicht tanzen.
Nicht zu laut lachen.
Nicht zu laut weinen.
Nicht zu sehr sein.
Denn sobald sie's tun –
schlägt ihnen Hass entgegen.
Nicht immer laut.
Nicht immer mit Worten.
Manchmal mit Blicken.
Mit Ignoranz.
Mit Ausschluss.
Mit dem kleinen Schweigen nach dem großen Satz:
„Aber wir sind doch tolerant."
Wie darf ich euch dann nun nennen, Putzi, Putzi, Putzis? Konservativ ist die CDU und die CSU, wenn man sie noch notfalls dazurechnet. Rechts ist die CSU. Und rechts von der CSU ist kein Platz in der Demokratie. Das hat der Strauss gesagt – und er hatte recht, der Arsch.
Rechtsextrem und rechtsradikal könnt ihr gerne diskutieren.
Einige von euch sind nicht dumm, ihr könnt das wunderbar auseinandernehmen.
Warum ihr persönlich das eine seid, aber nicht das andere.
Warum Nazi euch zu historisch klingt.
Warum Faschist zu plakativ ist.
Menschenfeind – da schreckt ihr zurück.
„Ich bin doch nicht gegen alle Menschen", sagt ihr.
Nein, euch selbst findet ihr super.
Ihr hasst halt nur das, was euch fremd vorkommt.
Rassist? Lehne ich ab. Erstens: Das Wort baut auf der Rassentheorie auf. Zweitens: Es reicht nicht. Ihr seid nicht nur rassistisch.
Ihr seid fremdenfeindlich!
Das ist mein Favorit. Fremdenfeindlich trifft es. Denn das Fremde stört euch – egal ob Hautfarbe, Sprache oder Mülltrennung. Egal ob Rollstuhl, Gender oder Akzent. Wenn es fremd wirkt, hasst ihr es. Was euch wirklich fehlt?
Reflexion.
Ihr denkt nicht über euch selbst nach.
Ihr erkennt keine eigenen Fehler an.
Ihr denkt ihr seit die reinsten Engel.
Ihr denkt ihr wollt immer nur das Gute.
Ihr glaubt, euer Hass sei Haltung.
Und eure Haltung sei Meinung.
Und eure Meinung sei ungefährlich.
Was euch fehlt, ist die Trilogie, die ich lebe:
1. Reflektiert euch.
2. Seid radikal ehrlich zu euch selbst.
3. Jeder Mensch ist ein Mensch.
Das würde die Welt besser machen.
Aber ihr wollt das nicht. Ihr könnt es nicht. Ihr habt es euch abgewöhnt. Reflexion ist unbequem. Ihr seid nicht in der Lage. Dann wäre die korrekte Bezeichnung von euch:
Unreflektierte Arschlöcher.
Oder halt doch schlicht, fremdenfeindlich.
Ich habe mich noch nicht entschieden.
Das habe ich das letzte halbe Jahr gemacht
Und ihr so?
Sehr viel mehr politisches gibt es in meinem Subreddit: https://www.reddit.com/r/AmIYourMemory/
Und hoffentlich auch un-redditmäßige echte Diskussionen.
Also, ich kann voll verstehen, warum man es nicht von alleine macht, warum man nicht von alleine das Bedürfnis zum Zuhören hat. Die Ergebnisse sind zwar manchmal super spannend und man lernt unglaublich viel über Menschen und sogar über sich selbst und ruhigere Leute, die wirklich gerne zuhören, verstehen wahrscheinlich genau, genau was ich meine. Doch extrovertierte Menschen wie ich, die sehen das vielleicht nicht im ersten Moment, weil uns das Zuhören nicht so in die Wiege gelegt wurde. Ich habe das ganz hart gelernt.
Also, man erfährt auch Sachen, die man einfach krass für Manipulationen, für Intrigen und so weiter verwenden könnte, aber das meine ich gar nicht. Das sollte man nicht tun und es ist einfach auch vom egozentrischen, egoistischen Standpunkt her nicht klug zu tun. Aber zum Beispiel kann man nach vielen Gesprächen, wie es ist in der selben Kultur als ein anderes Geschlecht aufzuwachsen, machen keinen Hauch von Ahnung bekommen, wie es sein kann in einer anderen Kultur aufzuwachsen usw..
Zuhören und Lernen bei mir stark verbunden ist. Was habe ich davon? Jede Menge. Ich sage es euch, es gibt keine besseren quellen für Anwenderwissen als die Menschen direkt. Weil wenn du die Leute länger reden lässt und gezielt fragst, dann stellst du fest, die haben fast alle irgendwas gearbeitet, das heißt, die haben irgendwelche Spezialkenntnisse in irgendwelchen Themengebieten. Manche davon sind Akademiker, so was kommt sogar auch vor, dass man dann halt zum Beispiel einen Informatiker im Chat hat.
Meine Streams waren immer Nerdmagnete, da ist das gar nicht selten der Fall, aber es kommt halt auch vor, dass du einen Kfz-Mechaniker, einen Schreiner oder einen Gas-Wasser-Scheiße oder Krankenpfleger im Stream hast (mindestens 90% der Streamteilnehmer sind männlich auf Joy) oder die Leute haben krass interessante Hobbys oder wie Groot zum Beispiel ein Cochlea-Implantat, da kann man dann darüber mehr erfahren, wenn derjenige offen ist, was Groot auch war.
Und so kannst du unfassbar viel über quasi jedes Thema auf der Welt lernen, wenn du nur genug Menschen kennenlernst. Das ist die einfachste Methode, weil die tun nichts lieber, als ihr Wissen zu präsentieren. Also ganz wenige Ausnahmen, ansonsten, die sind so bereit, von sich zu geben, was sie wissen und können. Und selbst wenn es Kochrezepte sind oder so, egal, wenn die irgendwas wissen und/oder können und du bist interessiert, du wirst es erfahren, ja.
Also: was habe ich davon? Ich habe unfassbar viel gelernt. Also erstens über die Welt und zweitens halt einfach über Menschen, über mich selbst, über wie Menschen funktionieren, wie Beziehungen funktionieren, wie Zwischenmenschliches funktioniert, und Einblicke in hunderte Fachthemen erhalten (oftmals sogar mehrere Ansichten zu einem Thema) einfach indem ich sehr, sehr vielen Menschen zugehört habe.
Und was ich davon noch habe: Kein sozialer Ausschluss! Ich bin kein Mensch der einfach so sympathisch wirkt. Ich bin schnell beleidigt, schnell wütend, ziemlich woke, besserwisserisch und unsicher. Aber ich höre zu, der Zuhörer darf in der Gruppe bleiben.
Und die meisten Menschen würden null mit mir beschäftigen, wenn ich nicht zuhören könnte. Also das ist auch noch ein Special Skill, der sehr hilft, dass man nicht vereinsamt. Und ich kann dadurch senden, ab und zu mal. Lustigerweise, man wird sogar für klug gehalten, wenn man zuhört. Das ist witzig, denn wirklich klug muss man fürs Zuhören nicht sein. Man muss sich ein gewisses Lernsystem für Geschichten ausdenken. Also man muss sich überlegen, wie merke ich mir, was der*die sagt? Wie verbinde ich das mit dieser Person, dass ich das weiß, dass diese Person das gesagt hat? Damit man das nicht vermischt, wenn bei vielen Menschen zuhört. Da gehört so ein bisschen Lerntechnik dazu. Aber ansonsten ist es keine besonders Intelligenz erfordernde Sache. Nur man wird manchmal dann für intelligent gehalten, weil man gut zugehört hat. Das ist natürlich ein Fehlschluss, den ich dann in tiefer gehenden zwischenmenschlichen Bindungen auch richtig stelle, wenn auch fast nie mit den Worten in meinem Kopf: „Du findest mich nicht klug, du liebst dass ich dich klug finde."
Doch dass mein eher widerwilliges und klar egoistisches Zuhören dennoch auf so große Begeisterung bei meinen Mitmenschen führt, macht mich auch nachdenklich. Kleines Beispiel: Ich hab damals auf Joy gestreamt. Dort ist ja quasi fast alles erlaubt und gerade in den Nachtstunden kommen die Einsamen. Es wird ja oft erzählt von Sexworkern, dass die ganz oft irgendwelche Lebensstorys kriegen, das passiert auch auf Joy (was kein Sexwork ist, da keine Bezahlung) auch in einem erschreckenden Maß. Also stell dir vor, da ist ein Stream in der Nacht auf einer sexuell offenen Plattform und Leute kommen in den Chat getröpfelt und irgendwann bei belanglosen Gesprächen fängt einer an sich zu offenbaren. Ich meine, das hört nicht nur der und ich und das hört auch nicht irgendwelche Fernsehzuschauer, die weit weg sind, wie bei „Domian", sondern das hören andere, die auch in diesem Chat sind und direkt reagieren können. Und die Leute fühlen sich bemüßigt, ihre tiefsten Erlebnisse usw. zu teilen. Ich sagte dann immer schon zu den Chatteilnehmern: „Ihr müsst hier nichts sagen, ihr seid hier nichts schuldig oder so. Denkt immer dran, es ist ein öffentlicher Raum. Also ich rede sehr offen über meine Traumata und über meine psychischen Erkrankungen, aber das heißt nicht, dass ihr das unbedingt solltet. In meinem Umfeld weiß jeder über grob über meine Sexualität und ziemlich eingehend über meine psychischen Probleme Bescheid. Ich hab nichts zu verlieren!". Und trotzdem, immer wieder passierte es, dass Menschen ihre tiefsten Lebensbeichten da abgelegt haben, in einem Raum, der so gar nicht dafür bestimmt war. Und das gibt mir halt den Eindruck, dass ihnen echte Zuhörer fehlten. Also das waren keine Aktionen, um mich rumzukriegen. Selbst in einer sehr schrägen, von Weiblichkeit abgeschotteten Welt ist einem bewusst, dass man damit, dass man irgendwelche schlimmen Sachen aus seinem Leben erzählt, eher weniger jemanden ins Bett kriegt, denke ich. Es ging einfach darum, da war jemand, der saß da und hat einfach nur zugehört und Fragen gestellt und Zeit hatte, weil da war ja nicht viel los in diesen Nachtstreams. Und da weißt du manchmal selber als Streamer nicht, wie sollst du jetzt darauf reagieren. Der hat gerade erzählt, dass sein Kind gestorben ist.
Das wir uns gegenseitig scheinbar nicht mehr oft zuhören, macht Menschen anfällig für Zuhörer (meiner Meinung nach) die miese Absichten haben: Finanzgurus, Sekten, Fundamentalisten, Influenzer mit miesen Verkaufsmaschen, K.I.-Influenzer, OF-Creator der üblen Sorte, usw..
Wenn ich zuhöre wende ich eine äußerst simple Technik an, mit der man gerade bei neuen Bekanntschaften super schnell Pluspunkte sammelt, ob jetzt beim Reden oder Schreiben. Beim Schreiben sogar noch einfacher:
Ihr überlegt was euch an der Äußerung des Gegenübers...
a) ...noch unklar ist.
b) ...interessiert.
Schon habt ihr 1-2 wirklich gute Fragen um zu zeigen, dass ihr tatsächlich an der Person interessiert seid. Beim Sprechen muss man das halt leider schon überlegen, während die andere Person noch redet, das erfordert etwas Übung. Genauso wie auch das merken der persönlichen Geschichten Übung erfordert. Aber wir spielen hier ja RPG „Real Life", Cheats sind alle erlaubt, auch Notizen nach dem Gespräch machen natürlich.
Aber ihr werdet so aus der Masse raus stechen, gerade wenn ihr z.B. männlich gelesene Menschen auf Partner- oder Sexpartnersuche seid.
© Drachen Schaf. Alle Rechte vorbehalten.
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